Dienstag, 16. Mai 2017
Lebenswärme
„Au milieu de l'hiver, j'ai découvert en moi un invincible été.“ (Albert Camus)

Wenn jeder Mensch ein Feuer in sich trägt, das ihn durch sein Leben durch wärmt, so ist doch jedes anders. Es gibt solche, deren Feuer fast immer so lodert, dass man sich fast verbrennt, wenn man mit ihnen zu tun hat. Andere glühen schwach vor sich hin und schaffen es gerade so, ihre eigene Lebensenergie am Glimmen zu halten...

Für mich fühlt sich meine Lebensenergie an wie eine beständige, warme Glut. Ich weiß genau, wann der richtige Zeitpunkt kommt, einen neuen Scheit Holz aufzulegen, damit sie nie ausgeht. Manchmal lodert das Feuer so heftig auf, dass ich die Hitze kaum aushalte, weil ich ein bisschen zu viel aufgelegt habe, doch meist geht von mir eine angenehme, wohlige Wärme aus, mit der ich mich sehr wohl fühle – und viele andere Menschen, die mit mir umgehen, auch. An meiner Wärme nähre nicht nur ich mich alleine, sie reicht auch für andere, die meine Nähe suchen.

Ganz ehrlich, ich schätze es, wenn von anderen eine ähnliche Wärme wie von mir ausgeht. Ich wärme gerne mein Äußeres an ihnen und füttere meine eigene innere Glut damit...

Wie bedauerlich, dass ich dachte, ich könne das auch bei dir... Doch dein inneres Feuer, das du als so stark und kräftespendend betrachtest, bewachst du eifersüchtig. Du willst es mit niemandem teilen. Sobald du das Gefühl hast, jemand möchte sich an dir wärmen, fährst du den Arm aus, um Abstand herzustellen. Vielleicht hast du Angst, deine Wärme würde von mir aufgezehrt und würde nicht mehr für dich reichen. Vielleicht traust du deinem eigenen Feuer nicht. Vielleicht fürchtest du dich, dass deine Energie schwindet, weil du selbst viel mehr Mühe darauf verwenden musst, dein Feuer aufrecht zu erhalten. Du denkst, du gäbest genug Wärme ab – und doch ist es nicht mehr als heiße Luft...
Schade. Für dich.



Montag, 8. Mai 2017
Sound of Silence
Zwischen deinem Blick
und deinem Schweigen
hänge ich.

Die letzten Worte,
derer du mich
für Wert befandest
machen mich noch immer
wütend
fassungslos
schockiert

Ich sende meine Worte
hinaus an dich
obwohl ich weiß
du wirst schweigen.

Weiter schweigen.

Die letzten Worte
die ich dir schenke -

eine Brücke
die du nicht betrittst
ein Geschenk
das du nicht öffnest
eine Blume
die du nicht pflanzt

Die Samen meiner letzten Worte
ernten nur
dein Schweigen
hartes
erbarmungsloses
grausames

feiges
Schweigen.



Perspektive
Der Wind streicht
durch die Zweige der Weide,
die sich tief verbeugt.
Der Himmel ganz blau,
monotones Blau,
keine Wolke.
Nur eine Farbe.

Ungewohnte Freiheit.
Auf einmal
wird alles möglich.



So viel zu sagen
Wir haben schon lange
Nicht mehr gesprochen
Dabei wäre noch
So viel zu sagen

Du hattest so viel
Zu erzählen
Ich hatte so viel
zu erfahren
Und weiß doch nichts
Eigentlich wusste ich
Überhaupt nie etwas
scheint es.

Also habe ich gefragt
Wenigstens manchmal
Doch du sprachst
Immer weniger

Und ich packte alle
Meine Worte aus
Die guten, interessierten,
schönen, verständnisvollen
Dennoch bliebst du stumm
Kein Wort von dir
Was passiert ist
Weiß ich nicht

Wir haben schon lange
Nicht mehr gesprochen
Dabei wäre noch
So viel zu sagen...



Sonett für N.
Was wohl aus uns geworden wäre,
wärst du nicht so früh fortgegangen.
Du hinterließt Schweigen und Leere,
die niemandem ins Auge sprangen.

Nur kurze Zeit in meinem Leben
hast du dir einst mit mir geteilt,
und doch lässt mich heute erbeben,
wie das an meinem Wesen feilt.

Zu dritt vereint, nah beieinander,
trotz der erwachsenen Wand, der
wir Komplizenschaft entgegen schrein,

wärst du vielleicht, was ich nie war:
Trotzköpfig, mutig, laut und klar
darfst du in meinem Herzen sein.



Mittwoch, 3. Mai 2017
Geist unter Geistern
Der Mann mit Hund
war immer da
in meinen Gedanken
meinen Träumen
wenn ich wach war und
wenn ich schlief.
In meinen Ohren klangen
seine Stimme
seine Worte
seine Ideen
seine Begeisterung.
In meiner Erinnerung
Berührungen
Nähe
Tiefe Blicke
Verbundenheit...

Der Mann mit Hund
war niemals da
in meinem Leben
und ließ mich nicht
in seines.



Am Boden der Dose
Mit dir habe ich sie geöffnet
Diese verfluchte
Büchse der Pandora

Und hinaus entwichen
All diese unsäglichen
Unerwünschten
Furchtbaren Dinge...
Ignoranz
Vernachlässigung
Wortbrüchigkeit
Unzuverlässigkeit
Versprechen ohne Halt...

Nur die kleine Hoffnung
blieb zurück
am Boden der Dose
Arme kleine Hoffnung
Sich festhaltend an jedem
hingeworfenen Brocken
Jedem Strohhalm
Jedem Steinchen

Arme kleine Hoffnung...

Doch weshalb befindet sie
sich in der Büchse der Übel,
wenn sie nicht
das eigentlich größte Übel ist ?
Spielt die Unschuld
und verlängert das Leid...

Es ist Zeit.
Entlass auch sie in die Welt.
Lass sie fahren.



Sonntag, 8. Mai 2016
Worte der Liebe
Du hast ein Problem
Und ich zahle die Zeche.
Wieso kriegst du das nicht hin?
Das kann doch nicht so schwer sein!
Weißt du überhaupt, was Schmerzen sind?
Du trampelst auf mir herum.
Hättest du dir Sorgen gemacht,
Wenn du aufwachst und das Bett wäre leer?
Die Grundlagen für diesen Vorfall,
Die habe nicht ich gelegt!
Es ist Zeit, dass du mir entgegenkommst.
Wenn du nicht im Bett schläfst,
Dann aber auch nirgendwo sonst im Haus.
Was meinst du, wie lange ich das mitmache?
So gut siehst du nun auch nicht aus!



Samstag, 7. Mai 2016
Der Scherenschleifer



Kolonialismus individuell
Er betrat ihr Leben
Wie James Cook neues Land,
Fasziniert von der fremden Welt,
Staunend über seine Vielfalt,
Hingerissen von seine Exotik,
Seinem Abwechslungsreichtum,
Dem Kontrast zu seiner Heimatwelt,
Die ihm viel zu lange
Als piefig erschien,
Kleinkariert,
Eng.


Er wunderte sich über
Die seltsamen Vögel,
Die dort zu Hause waren.
Schillernde und schaurige Insekten
Zogen seine Aufmerksamkeit an.
Mit der Zeit
Gewöhnte er sich
An diese neue Welt.
Und es wurde Zeit,
Sie zu überprüfen.


Warum nisteten diese Vögel
Immer in denselben Bäumen,
Wo doch so viele andere
Da waren?
Weshalb tauchten die Insektenschwärme
Immer dann auf,
Wenn sie ihn am meisten störten?
Wie konnte sie es zulassen,
Diese Welt einfach so zu lassen,
Wie sie war?


Schließlich war
Er
Jetzt ein Teil ihres Lebens.
Schließlich hatte
Er
Auch das Recht,
Spuren in dieser Welt zu hinterlassen.


Und so holte er
Schweres Gerät heran:
Radlader,
Kipper;
Kräne,
Bagger.
Er errichtete Zäune.
Zäune, Mauern,
Wo vorher offenes Land war.

Sie fühlte sich in ihrem Land
Immer unbehaglicher.
Nichts durfte bleiben,
Wie es war.
Um sie herum wuchsen
Mauern.
Sie sank immer tiefer.
Wo waren die Insektenschwärme?
Wo die Vögel?
Wohin verschwand der Horizont?


Viele Jahre tauchte sie unter
Im Untergrund ihres eigenen
Lebens.
In Höhlen, deren System
Immer ausgeklügelter wurde.
Ab und an eine Öffnung
Nach oben.
Zum Leben an der Oberfläche.


Als das Land fast völlig
Unterhöhlt war,
Brach er immer öfter ein.
Fluchte
Über dieses schlechte Fundament.
Verlangte,
Die Höhlen zum Sperrgebiet zu erklären
Und nur in den von ihm
Errichteten Gebäuden
Zu leben.


Such dir ein neues Land,
Sagte sie ihm.
Ich bin hier zu Hause.
Du hast genug Schaden angerichtet.



Donnerstag, 5. Mai 2016
Ohne mich
Wenn das nochmal vorkommt
bin ich weg
drohst du

Wenn ich nochmal verzweifle
Wenn ich nochmal eine andere Meinung habe
Wenn ich nochmal auf mich aufpasse
Wenn ich nochmal mein Leben an mir
nicht an dir ausrichte
bist du weg

Fürchte dich
heißt das
Ohne mich geht’s nicht

Ohne
Mich
Geht's nicht

Geh doch.



Donnerstag, 5. Mai 2016
Augenblick
Er geht mir
Nicht aus dem Kopf
Dieser Blick
Aus deinen Augen

So als ob er
Mich mitten ins Herz trifft
Und dort eine Wunde reißt
Wie ein grausames Monster
Das mich bei vollem Bewusstsein
Langsam verspeist

Ich schließe meine Augen
Und sehe ihn vor mir
Immer wieder
Deinen Blick

Der so tut
Als sähe er tief in mich hinein
Mir das Gefühl gibt
Erwischt worden zu sein
Meine Gedanken entblößt
Und mich an dich bindet

Und doch frage ich mich
Was sehen
Deine Augen wirklich
Mit diesem Blick